Eine globale Debatte
Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 16. August 2008
Der ewige Widerstand
Der Anlass war konkret. Als im Jahr 2000 die christlichsoziale Österreichische Volkspartei mit der rechtspopulistischen und offen ausländerfeindlichen Freiheitlichen Partei Jörg Haiders eine Regierungskoalition einging, formierte sich eine zivile Gegenkraft, die durch Demonstrationen und Manifeste Widerstand gegen die neue politische Führung in Österreich ausüben wollte. An der Spitze dieser bunt durchmischten Bewegung stand auch der Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici. «Der ewige Widerstand. Über einen strittigen Begriff» nennt Rabinovici ein Buch, das die Ereignisse des Jahres 2000 argumentativ hinterlegt und den Begriff des Widerstands historisch verortet. Bruchlos allerdings lassen sich die Proteste gegen eine demokratisch gewählte Regierung mit der Auflehnung gegen totalitäre Systeme nicht vergleichen. Und so ergibt sich in den mit historischem Material präzise belegten Studien ein heuristischer Bogen, der prinzipielle Antworten sucht. Über den Terrorismus und die Frage, wie es um den Widerstand gegen den «Anschluss» Österreichs an das Deutsche Reich bestellt war, kommt Doron Rabinovici zu einem Grundproblem des europäischen 20. Jahrhunderts: «Was ist Nonkonformität in einer Zeit, in der Existenz an sich zum Verstoss wird?» Weil der Widerstand der jeweiligen Form der Macht geradezu eingeschrieben ist, lässt sich das eine mit dem anderen erhellen. An schlagenden und ihrerseits erhellenden Beispielen lässt es Doron Rabinovici in seinem Buch nicht fehlen.